Bald werden wir umziehen.
Also durchforste ich all meine Regale und prüfe die gesammelten Papiere, was davon ich in die Papiersammlung geben kann. Bekanntlich ist das nicht immer einfach, denn jedes Ding hat eine Geschichte, steht respektive liegt nicht zufällig da und will, falls ich mich denn durchringen kann dazu, es wegzugeben, entsprechend gewürdigt werden.
Die Bibliothek lasse ich mal so, wie sie ist – es kostet mich immer noch zu viel, sie zu reduzieren.
Für die restlichen Ordner mit Unterlagen für Unterricht und Weiterbildungskurse, welche die Wegwerforgie anlässlich meines Rücktritts an Gymnasium und Universität aus unerfindlichen Gründen überlebt haben, gilt das nicht. Also gehe ich einen nach dem anderen durch, entferne Büroklammern, ziehe Blätter aus den Plastic-Hüllen, lege Folien auf einen gesonderten Stapel; der Papierberg wächst.
Aber:
Was für eine Fülle von didaktischen Geschichten! Von Wiederbegegnungen mit Schülerinnen, Studenten, Kolleginnen und Kollegen! Die Autographensammlungen von Meinungen von Studierenden zur Gestaltung dieser oder jener Unterrichtseinheit zum Beispiel versetzt mich im Nu zurück in der Zeit; ich sehe sie schreiben in meinem damaligen Schulzimmer, das uns einen wundervollen Ausblick bot auf die Jurakette. Das MindMap von 1995 zum Thema Individualisieren im Französischunterricht – geht das?, zu welchem ich damals einen Workshop leiten durfte in einem universitären Fachdidaktikkurs, lässt mich staunen über mich selbst: wie selbstverständlich „moderne“ Unterrichtsformen (siehe die damaligen Schlagworte wie SOL, ELF, Projektunterricht u. ä.) für mich 1995 längst schon waren. Ich finde eine Wegleitung zum Portfolio-Lernen, die ich 1998 (!) testweise für eine meiner Abteilungen verfasst habe – schon damals war ich überzeugt, dass Portfolios ins Evaluationsprozedere Eingang finden sollten (wie das @phwampfler heute ebenfalls verschiedentlich darlegt, zum Beispiel hier und hier). Zwischen all den Papieren finde ich fünf CD-ROM, welche je Präsentation, Lektürehilfen und Arbeitsunterlagen zu einem aktuellen Roman enthalten, das Ganze gestaltet in Form einer Website. Diese Websites von 2004 sollten, so die Grundaufgabe, Gymnasiast/-innen aus der Westschweiz die Lektüre damals aktueller Romane aus der Deutschschweiz erleichtern.
Ich werfe weg. Und staune einmal mehr darüber, wie belebend die Arbeit in den Häusern des Lehrens und Lernens sein kann, erst recht für die Lehrpersonen. Es braucht für letztere nicht viel dazu, nur ein bisschen Nachdenken über das, was man als seine Aufgabe erachtet, ein bisschen Mut, Neues, vielleicht sogar Unerhörtes zu wagen – und einen wohlwollenden, achtsamen Blick für jede und jeden, die da mit einem im Zimmer sitzen und lernen wollen.